Schweden bei der Europawahl gegen den Trend

Europawahl / EU-Wahl in Schweden

Die Europawahl brachte in vielen Ländern das, wovor vielfach gewarnt wurde: einen deutlichen Rechtsruck. Die konservativen Parteien der EVP gewannen hinzu. Vielerorts aber auch die beiden rechten Fraktionen. Zu den Verlierern gehören die Liberalen (wozu die FDP und Macrons RE) und die Grünen. In Schweden sieht das Bild aber anders aus, wie die amtlichen Endergebnisse nun zeigen.

Am Abend der Europawahl wurde hier bereits von den ersten Prognosen in Schweden berichtet. Schon diese zeigten, dass die Schweden gegen den europäischen Trend wählten. Nun hat das schwedische Wahlamt ein vorläufiges Endergebnis zur Europawahl vorgelegt. 6275 von insgesamt 6589 Wahlbezirke sind dabei berücksichtigt, das heißt, dass es bei diesem Ergebnis allerhöchstens noch marginale Verschiebungen geben wird. In ein paar Tagen folgt dann auch das amtliche Endergebnis.

Schweden gegen den europäischen Trend bei der Europawahl

Stärkste Kraft in Schweden sind die Sozialdemokraten unter dem Vorsitz von Magdalena Andersson. Das an sich überrascht nicht, denn die Socialdemokraterna sind traditionell sehr stark in Schweden. Bei der ersten Prognose am gestrigen Abend mussten sie aber noch leichte Verluste hinnehmen. Das hat sich nun gedreht. Die Sozialdemokraten gewinnen 1,4% hinzu und landen bei 24,8%. Damit sind sie die stärkste Partei, aber nicht die großen Gewinner. Das sind andere.

Zweitstärkste Partei sind die Moderaterna unter dem aktuellen Regierungschef Ulf Kristersson. Dass sie am Ende auf Rang 2 ins Ziel einlaufen werden, war lange nicht gewiss. Schließlich mussten sie sich bei der letzten schwedischen Parlamentswahl den Rechtspopulistischen geschlagen geben. Dass sie nun aber recht ungefährdet auf Rang 2 sind, hat weniger mit den Moderaten zu tun als vielmehr mit dem deutlichen Rückgang der Sverigedemokraterna. Die Moderaten gewinnen 0,7 Prozentpunkte hinzu und kommen schlussendlich auf 17,6%.

Die Grünen mit Überraschungserfolg bei der Europawahl

Wenn schon nicht Zweiter, dann zumindest gesichert Dritter, wird sich so manch einer bei den rechtspopulistischen Sverigedemokraterna gedacht haben. Da hat er die Rechnung nicht mit den Grünen – Miljöpartiet – gemacht. Denn diese sind der große Überraschungssieger dieser Europawahl 2024, den so wohl nur wenige auf dem Zettel hatten. 13,8% konnte die Partei auf sich vereinigen. Ganz entgegen dem europäischen Trend ist das ein Plus von 2,3%. Der Jubel bei der Wahlparty der Miljöpartiet war entsprechend groß.

Dass die schwedischen Grünen drittstärkste Kraft werden, ist aus zweierlei Gründen interessant und überraschend: Zum einen stemmen sie sich – wie bereits erwähnt – gegen den europäischen Trend. Zum anderen sind die Grünen in Schweden traditionell lang nicht so stark wie beispielsweise in Deutschland.

Erstmaliger Rückgang bei den Rechtspopulisten

Entsprechend lang waren die Gesichter bei den Schwedendemokraten, der größten rechten Partei in Schweden. Bisher war es beinahe eine Art Naturgesetz, dass die Sverigedemokraterna von Erfolg zu Erfolg eilen und bei jeder Wahl mehr Stimmen holen als bei der zuvor. Dieses „Naturgesetz“ nahm mit dieser Europawahl ein Ende. Satte 2,1% büßten die Rechtspopulisten ein. Sie kommen am Ende auf 13,2% aller Stimmen.

Mehrere Skandale können sicherlich als Ursache für den Rückgang bei den Rechtspopulisten angeführt werden. Ein weiterer Grund liegt aber auch darin, dass das Thema Migration für die schwedischen Wähler relativ unwichtig war. Und da die Schwedendemokraten mehr oder weniger nur dieses eine Thema bespielen, fiel es ihnen entsprechend schwer, ihre Wähler zu mobilisieren. Deutlich wichtigere Themen bei der Europawahl waren die Frage nach Krieg und Frieden in Europa sowie der Klimaschutz.

Drei Parteien retten sich ins Ziel

Neben den Grünen ist die Linkspartei – Vänsterpartiet – der große Gewinner der Wahl. Auch das kommt ein wenig überraschend. Die Linken sind sogar die Partei, die die größten Stimmzuwächse vermelden können. Um satte 4,2% ging es nach oben auf 11 Prozent.

Spannend war die Europawahl für drei kleinere Parteien. Prognosen sagten voraus, dass die Christdemokraten, das Zentrum und die Liberalen um den Wiedereinzug ins europäischen Parlament zittern müssen. In Schweden gibt es – anders als beispielsweise in Deutschland – eine 4%-Sperrklausel. Diese muss also übersprungen werden, will man ins Parlament einziehen.

Centerpartiet kam schlussendlich mit 7,3% sicher ins Ziel. Neben der Freude darüber herrschte beim Zentrum aber auch der Frust über deutliche Verluste. Um 3,5% ging es nach unten.

Ein ähnliches Bild zeigte sich bei den Kristdemokraterna. Sie verloren 2,9% und kommen nun auf 5,7%.

Am engsten wurde es bei den Liberalerna, die sich gerade so über die Ziellinie retteten. 4,4% stehen am Ende auf der Habenseite. Dies ist sogar ein leichtes Plus von 0,2%.

Geringe Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung war in Schweden gering. 50,7% aller Wahlberechtigten machten sich auf den Weg ins Wahllokal oder wählten schon zuvor per Briefwahl. Eine geringe Wahlbeteiligung ist bei Europawahlen ein grundsätzliches Problem. In Schweden überraschen die Zahlen auch deswegen, weil beispielsweise bei Kommunal- und den schwedischen Parlamentswahlen normalerweise mit einer sehr hohen Wahlbeteiligung gerechnet werden kann.

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